Machbarkeitsstudie Interview Ladbergen: Nahwärmeversorgung für den Wärme-HotSpot im Dorfkern

 

Welche Erfahrung haben Sie bereits mit Wärmenetzen / kollektiven Wärmelösungen?
In Ladbergen ist gerade ein kleines Nahwärmenetz in Betrieb genommen worden: Die vorhandene Pelletheizung der Grundschule, Baujahr 2004, ist um zwei Pufferspeicher erweitert worden und an den Heizkreislauf der Sporthalle II angeschlossen worden. Unterstützt wird die Wärmeproduktion durch eine Gasbrennwerttherme und Solarkollektoren auf dem Dach der Sporthalle II. Zudem wird die Lüftungsanlage erneuert. Durch die Vernetzung der beiden Heizungen mittels einer Fernwärmeleitung entstand ein redundantes, multivalentes System, das je nach Preis mit Gas oder Pellets gefahren werden kann, das Störungsrisiko minimiert und das Klima schützt. Die Maßnahme führt jährlich zu Einsparungen an THG-Emissionen in Höhe von 13 – 16 t CO2eq

 

Wie war Ihre Ausgangslage?
Ausgangslage des Projektes war ein Wärmehotspot im Dorfkern von Ladbergen, der im Rahmen des „Wärmeatlas“ des Projektes WiEfm lokalisiert wurde. Für die Dorfmitte bietet sich so durch die hohe räumliche Wärmebedarfsdichte eine dezentrale Wärmeversorgung im Verbund an. In dem Bereich befinden sich nahezu alle kommunalen Gebäude sowie einige von der Kommune genutzte (angemietete) Gebäude. Die kommunalen Gebäude bilden dabei das verlässliche ‚Grundgerüst‘ des Netzes. Dazu kommen Gebäude, die sich durch einen hohen Wärmedarf oder durch eine gesellschaftsrechtliche Verbindung zur Kommune für einen gemeinsamen Anschluss eignen. Das Besondere am Projekt ist die große Bandbreite der angeschlossenen Objekte: Von Rathaus, Volkshochschule, Seniorenheim, Jugendzentrum, Kindergarten, Sporthalle über Kirche, Gemeindehaus, Flüchtlingsunterkunft, Mehrfamilienhaus und Ärztehaus bis zu Seniorentreff, Tourist-Information, Dorfladen, Sparkasse, Volksbank und Autohaus. Die gestartete Studie sollte Einblick in die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten solch einer Wärmeversorgung geben. Außerdem sollte aufgezeigt werden, wie daraus ein profitables Wärmegeschäftsmodell für Ladbergen gemacht werden kann.

 

Warum haben Sie sich dazu entschlossen, den WiEfm-Wärmegutschein zu nutzen, um Ihre Wärmeversorgung nachhaltig voranzubringen?
Aus den durch den Wärmeatlas gewonnenen Erkenntnissen wurde bereits das große Potential eines Wärmenetzes im Dorfkern ersichtlich. Das weitere Vorgehen setzt Investitionsentscheidungen voraus. Eine profunde Grundlage für diese Entscheidungen liefert die mit dem WiEfm-Wärmegutschein geförderte Analyse.

 

Welche Technologien/Szenarien haben Sie über WiEfm prüfen lassen?
Anhand der Kenndaten für die Struktur der Wärme- und Stromlastgänge wurden verschiedene Technologie- und Versorgungsvarianten verglichen und eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchgeführt. Untersucht haben die Experten folgende Szenarien zur Versorgung eines Wärmenetzes: Blockheizkraftwerk, Holzhackschnitzelkessel in Kombination mit Solarthermie, industrielle Abwärme (Abwasser), Biogasanlage, Wärmepumpen. Auch die Erweiterung des bestehenden Nahwärmenetzes wurde in Betracht gezogen.

 

Welche Herausforderungen/Hemmnisse (Erfolgsfaktoren?) sehen Sie für die Umsetzung?
Mit der Entwicklung eines Wärmenetzes hat das kommunale Gebäudemanagement die einmalige Chance, aktiv in die Wärmeplanung einzugreifen und eine zukunftsweisende Wärmeversorgung für Ladbergens Dorfkern sicherzustellen. Ein gemeinsames Wärmenetz steigert nicht nur das Gemeinschaftsgefühl durch Aktivierung der Einwohner, es steigert die Attraktivität der ganzen Kommune. Als einer der nächsten Schritte muss der Kontakt zu möglichen Energielieferanten hergestellt werden.

 

Welche Variante wird jetzt umgesetzt? (Wie geht’s weiter? Ausblick. Worin sehen Sie die Vorteile gegenüber anderen Arten der Erschließung?)
Beim Vergleich der betrachteten Varianten scheint die Erweiterung des bestehenden Nahwärmenetzes die vielversprechendste und praktikabelste Lösung zu sein. Im Rahmen einer Modernisierung der Wärmerzeugung ein Holzhackschnitzelkessel einen 10.000 € höheren Überschuss erwirtschaften. Lokal Agierende müssen direkt angesprochen werden, ob sie die Planung und Realisierung durchführen oder unterstützen möchten. Mit den Stadtwerken Lengerich hat die Gemeinde Ladbergen einen kompetenten Partner an ihrer Seite, um eine Realisierung anzustoßen.

Zur Anbahnung des Wärmenetzes sollten Umfragen zur potentiellen Anschlussbereitschaft durchgeführt werden. Dabei ist der aktuelle Status des Heizanlageninvestitionszyklus im Zielgebiet ein relevanter Faktor. Es muss eruiert werden, wie viele Anwohner bereit sind, die alte Infrastruktur auszuwechseln und sich an das neu zu installierende Nahwärmenetz anzuschließen. Eine wichtige Aufgabe dabei besteht darin, die Bevölkerung für die Vorteile einer gemeinsamen Wärmeversorgung zu sensibilisieren und zu begeistern. Dies kann – neben den klassischen Kommunikationsmaßnahmen – in Form von Exkursionen zu erfolgreich installierten Nahwärmeprojekten geschehen. Optimal wäre es, wenn sich vor Ort ehrenamtliche oder professionelle Agierende für die Bildung einer Energiegenossenschaft finden ließen. Der Kommune bietet sich die Möglichkeit, die kommunale Wärmewende in verschiedenen Funktionen zu fördern: Als Intermediärin, Planerin, Reguliererin, Miteigentümerin und Vorbild.

 

Welchen Beitrag hatte der WiEfm-Wärmegutschein für das Projekt und was könnte WiEfm in Zukunft für das Projekt bedeuten?
Mit dem WiEfm-Wärmegutschein wurde ein wichtiger Schritt gemacht, wirtschaftliche Kennzahlen für die Umsetzung eines Wärmenetzes zu erhalten. Dank der Förderung im Rahmen von WiEfm konnten so verschiedene Varianten durchgespielt werden und die Verwaltung hat sehr gute Anhaltspunkte erhalten, welche Varianten lohnend sind.

Für die Zukunft könnte die Machbarkeitsstudie im Rahmen von WiEfm der Startpunkt gewesen sein, der zur Umsetzung dieses Wärmenetzes geführt hat.

 

Welchen Einfluss hat das Projekt auf die Region und ist ein solches Projekt auf andere Standorte übertragbar und anwendbar?
Für Kommunen in der Größenordnung Ladbergens bietet eine Nahwärmeversorgung im Dorfkern, so wie in Ladbergen geplant, die Steigerung der Attraktivität und die Verbesserung des eigenen Images. Wichtig ist es die Bürger frühzeitig in die Planungen einzubinden und die Vorteile und Nutzen eines Nahwärmenetzes aufzuzeigen.  Wenn dies gelingt, kann der in Ladbergen gewählte Ansatz auch für anderen kleinere Kommunen im ländlichen Raum interessant sein.

 

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