Projektbeschreibung
In der Stadt Ibbenbüren wird über ein Wärmenetz für die Versorgung der öffentlichen Gebäude, überwiegend Schulen sowie ein Rathausgebäude, nachgedacht. Zudem sollen die Wohngebäude im entsprechenden Bereich ebenfalls die Möglichkeit bekommen, sich an das Wärmenetz anzuschließen. Ausgangslage ist der auslaufende Steinkohleabbau in Ibbenbüren, welcher bisweilen einen großen Teil zur Strom- und Wärmebereitstellung beigetragen hat. Bisher gibt es keine zentrale Versorgung der betrachteten öffentlichen Gebäude. Alle Gebäude werden durch ein eigenes Heizsystem versorgt, welches größtenteils auf Kohle und Gas beruht.
Ein Teil der thermischen Grundversorgung soll durch städtischen Grünabfall gedeckt werden.
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie sollen Lösungsansätze für ein ganzheitliches Energiekonzept zur regenerativen Wärmeversorgung des betrachteten Quartiers erarbeitet werden. Basierend auf dem Wärmebedarf werden die potentiellen regionalen Ressourcen zur Wärmeerzeugung und das Potential zur Solarthermie-Nutzung analysiert. Die Verwertung der Infrastrukturabfälle hat dabei einen hohen Stellenwert in der Untersuchung. Das ausgearbeitete Energiekonzept soll sowohl wirtschaftlich, als auch umweltfreundlich und versorgungssicher sein.
Die Machbarkeitsstudie stellt vier Szenarien vor. Dabei wird die Versorgung der öffentlichen Gebäude als Grundlage betrachtet und in den anschließenden Szenarien werden private Wohngebäude und ein Schwimmbad in verschiedenen Kombinationen hinzugenommen. Die Grundlage der Wärmeversorgung besteht in einer Kombination aus Solarthermie-Anlagen auf den verfügbaren Dachflächen in Zusammenspiel mit dezentralen Pufferspeichern sowie einem saisonalen Langzeit-Wärmespeicher, der den solarthermischen Überschuss aufnimmt. Weiterer grundlegender Bestandteil der Wärmeversorgung ist ein Biomassekessel, der Laub- und Grünschnitt-Briketts nutzt, sowie ein Holzvergaser. Die Briketts werden durch eine Brikettierungsanlage, welche über ein Blockheizkraftwerk (BHKW) versorgt wird, aus den städtischen Infrastrukturabfällen gewonnen und sind somit regionale Produkte, welche nicht mehr entsorgt werden müssen, sondern die Wärmeversorgung maßgeblich stützen. Je nach Szenario sind weitere BHKWs und Spitzenlastkessel notwendig um den Wärmebedarf komplett zu decken.
Interview
Hier geht es zum Interview über die Machbarkeitsstudie.
Technische Daten
Technologien
Folgenden Technologien wurden in der Machbarkeitsstudie untersucht:
- Wärmenetz
- Niedertemperaturtrocknung
- Wärmepumpen
- Solarthermie
- BHKW
- Holzvergaser
- Spitzenlastkessel
- PV-Module
- Wärmespeicher (Pufferspeicher)
- Saisonaler Warmwasserspeicher
Wärmequellen
Dabei kommt die Wärme aus folgenden Wärmequellen:
- Städtischer Grünschnitt und Laub
- Solarstrahlung
- Erdgas
- Biogas
- Holz
- Kurzumtriebsplantagen (KUP)
- Miscanthus
Szenarien
Aufgrund der Ausgangslage wird ein Nahwärmenetz mit einem Temperaturniveau von ca. 80 °C im Vorlauf und 60 °C im Rücklauf angestrebt. Dabei ist ein sinnvoller Einsatz von Wärmepumpen nur schwer darzustellen.
Im Sommer wird der überwiegende Anteil des Wärmebedarfs durch Solarthermie gedeckt. Im restlichen Jahr geschieht dies durch den Biomassekessel sowie den Holzvergaser. Die Wärmespeicher unterstützen ebenfalls im Winter. Nur bei außergewöhnlich hohem Bedarf kommt der Spitzenlast-Gaskessel zum Einsatz. Der saisonale Wärmespeicher deckt zwar nur einen geringen Anteil des Wärmebedarfs im Winter, dient jedoch zum Lastausgleich des Gesamtsystems, wodurch die technischen Anlagen zur Wärmeerzeugung kleiner dimensioniert und ohne Modulation betrieben werden können.
Szenario 1: Nahwärmenetz zur Versorgung der öffentlichen Gebäude
Szenario 2: Nahwärmenetz zur Versorgung der öffentlichen Gebäude und der Privathaushalte
Szenario 3: Nahwärmenetz zur Versorgung der öffentlichen Gebäude und dem Aaseebad
Szenario 4: Nahwärmenetz zur Versorgung der öffentlichen Gebäude und der Privathaushalte und dem Aaseebad
Wärmebedarf | Solarthermie | saisonaler Speicher | Technologien – Grundlage | weitere Technologien | |
Szenario 1 | 2.600 MWh/a | 70 % der Dachfl. der öffentl. Geb. | 2.200 m³ | Solarthermie-Anlage
Biomassekessel Holzvergaser BHKW zur Trocknung |
Gaskessel (Spitzenlast) |
Szenario 2 | 13.400 MWh/a | 44 % des Solarpotenzials | 13.000 m³ | 2x BHKW 2x Gaskessel (Spitzenlast) |
|
Szenario 3 | 6.200 MWh/a | 70 % der Dachfl. der öffentl. Geb. | – | BHKW 2x Gaskessel (Spitzenlast) |
|
Szenario 4 | 17.260 MWh/a | 70 % des Solarpotenzials | 12.700 m³ | 2x BHKW 2x Gaskessel (Spitzenlast) |
Nachhaltigkeit und CO2-Einsparung
Endenergieeinsparung: –
Erneuerbare Energiebereitstellung:
Die Höhe der erneuerbaren Energiebereitstellung bei Szenario 1 liegt bei 99 %.
Für die weiteren Szenarien konnten aus den in der Studie vorgelegten Daten folgende Werte abgeschätzt werden:
Szenario 2: 41 %
Szenario 3: 72 %
Szenario 4: 45 %
CO2-Einsparung:
Versorgungsszenario | ||||
1 | 2 | 3 | 4 | |
CO2-Einsparung | 762 kg/a | 3.710 kg/a | 1.481 kg/a | 4.834 kg/a |
Kennzahlen aus der Antragsphase
Im Vorfeld der Untersuchungen wurden folgende Kennzahlen ausgehend von einem Gesamtwärmebedarf von 11.008 kWh/a abgeschätzt:
Endenergieeinsparung: ca. 20 % (2.201,6 MWhth/a)
Erneuerbare Energiebereitstellung: 100 % (8.806,4 MWh/a)
CO2-Einsparung: ca. 3.350 t/a
Wirtschaftlichkeit und Umsetzungspotenzial
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit wird für die erzeugte Wärme ein Preis pro kWh Wärmeenergie berechnet. Dieser so genannte Wärmepreis setzt sich aus mehreren Größen zusammen. In dieser Studie werden die im Folgenden genannten vier wichtigsten Größen als Datengrundlage zur Berechnung des Wärmepreises genutzt:
- Abschreibungskosten
- Wartungskosten
- Brennstoffkosten
- Einnahmen durch Stromeinspeisung
Es lässt sich festhalten, dass die Kosten für die Anlagenperipherie bezogen auf die Kilowattstunde bei kleinerer Dimensionierung teurer wird. Die Investitionskosten erhöhen sich damit in gleichem Maße wie die Wärmebereitstellung. So führt die fünfmal größere Wärmebereitstellung in Szenario 2 gegenüber Szenario 1 nur zu etwa doppelten Investitionskosten. Auch der Anschluss des Aaseebades hat einen positiven Effekt auf den Wärmepreis. Bei Förderung der Maßnahme durch „Wärmenetze 4.0“ oder durch „investive Klimaschutz-Modellprojekte“ sinkt der Wärmepreis weiter. Die zusammenfassenden Ergebnisse zeigt die nachfolgende Tabelle.
Versorgungsszenario | ||||
1 | 2 | 3 | 4 | |
Wärmepreis ohne Förderung | 15,83 ct/kWh | 5,02 ct/kWh | 7,87 ct/kWh | 3,71 ct/kWh |
Wärmepreis* mit „Wärmenetz 4.0“ | 6,58 ct/kWh | 1,59 ct/kWh | 3,99 ct/kWh | 0,96 ct/kWh |
Wärmepreis* mit „investive Klimaschutz-Modellprojekte“ | 2,88 ct/kWh | 0,22 ct/kWh | 2,44 ct/kWh | -0,14 ct/kWh |
* vorausgesetzt alle Rahmenbedingungen der Förderungen werden erfüllt!
Umsetzungspotenzial
Da das erste Konzept (sowohl Verbraucher als auch Erzeuger), vollständig in der anderen drei Konzepten enthalten ist, ist es möglich zunächst nur Konzept eins zu realisieren und bei ausreichendem Interesse der Bürger kann die Wärmeversorgung mit dem zweiten Konzept bzw. dem 3 und 4 Konzept aufgestockt werden. Dies kann auch sukzessive und an den wachsenden Bedarf angepasst erfolgen. Der Saisonspeicher müsste dabei allerdings von Anfang an größer dimensioniert werden.
Die Stadt möchte daher im ersten Schritt die Wärmeversorgung der öffentlichen Gebäude angehen, da hier die wenigsten Beteiligten zu erwarten sind und hier schon die Nahwärmgrundleitung gelegt werden kann, von der aus dann letztendlich in die Wohnbebauung gegangen wird. Bei dieser gewählten Variante besteht der Vorteil, dass die Energiezentrale schon geschaffen ist und im Nachgang dann die Wohnbebauung angegangen werden kann.
Neben dem hohen Innovationsgrad durch die thermische Verwertung der Infrastrukturabfälle und den Saisonspeicher sorgt diese nachhaltige Energiebereitstellung für sehr gute Voraussetzung bei der Förderfähigkeit. In Bezug auf die Wirtschaftlichkeit wird empfohlen eine Förderfähigkeit der Varianten weiter zu untersuchen und ein Konzept für ein Contracting-Modell zu entwickeln.
Machbarkeitsstudie
Kosten: 16.660,00 €
Förderung (70 %): 11.662,00 €
Laufzeit der Machbarkeitsstudie: Jun. – Dez. 2018
Antragsteller
Stadt Ibbenbüren
alte Münsterstraße 16
49477 Ibbenbüren
+49 (0) 5451 – 931 0
info@ibbenbueren.de
www.ibbenbueren.de
Durchführendes Unternehmen
pbr NETZenergie GmbH
Rheiner Landstraße 197
49078 Osnabrück
+49 (0) 541 – 9412 700
peselmann@pbr-netzenergie.de
www.pbr-netzenergie.de
Interview
Hier geht es zum Interview über die Machbarkeitsstudie.
Abschlussbericht
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