Interview Machbarkeitsstudie Ibbenbüren: Nahwärme aus regionaler Biomasse

Welche Erfahrung haben Sie bereits mit Wärmenetzen / kollektiven Wärmelösungen?
Die Stadt Ibbenbüren befasst sich seit einigen Jahren schon mit kollektiven und effizienten Wärmelösungen. Es wurden diverse Effizienzmaßnahmen an den öffentlichen Gebäuden umgesetzt. In den vergangenen Jahren hat man sich besonders mit der Nutzung von Infrastrukturabfällen und Biomasse beschäftigt. So dass ein gewisses Gefühl für das Thema Wärmenetze und kollektive Wärmelösungen im Hause der Stadt Ibbenbüren bestehen.

Wie war Ihre Ausgangslage?
In dem betrachteten Gebiet liegt eine Vielzahl von öffentlichen Gebäuden, die aufgrund der Altersstruktur eine neue Energieversorgung benötigen. Vor dem Hintergrund macht es in diesem Zeitalter Sinn über ein Nahwärmenetz nachzudenken und dies mit eigenen regionalen Energieerzeugern zu versorgen. Weiterhin ist der Umstand das, gerade zwischen diesen öffentlichen Gebäuden, noch große Wohngebiete liegen, die aus der Historie heraus mit Kohle beheizt werden, ein wichtiges Thema. Das Ende des Kohlebergbaus zwingt hier zu einem Umdenken der Energieversorgung. Welches letztendlich der Beweggrund für die Stadt Ibbenbüren war, sich mit einer alternativen Wärmeversorgung, für dieses Quartier, zu beschäftigen.

Warum haben Sie sich dazu entschlossen, den WiEfm-Wärmegutschein zu nutzen, um Ihre Wärmeversorgung nachhaltig voranzubringen?
Um eine nachhaltige, wertfreie und überlegte Investition in eine zukünftige und wirtschaftliche Energieversorgung durchführen zu können, haben wir uns entschlossen eine entsprechende Studie vorzuschalten. Da vorangehende Studien in der Regel zu Kosten führen und die Kommunale Finanzlage ja immer etwas angespannt ist, waren wir über den Hinweis des kommunalen Wärmegutscheins dankbar, da uns dies thematisch weiter vorangebracht hat.

Welche Technologien/Szenarien haben Sie über WiEfm prüfen lassen?
Die thermische Grundversorgung soll durch die Verwertung der städtischen Grünabfälle gedeckt werden. Um das gesammelte Material thermisch verwerten zu könne muss es jedoch erst getrocknet, aufbereitet und brikettiert werden. Die für die Niedertemperaturtrocknung des Materials erforderliche thermische Energie soll überwiegend durch Wärmepumpen bereitgestellt werden, welche wiederum mit dem regenerativ erzeugten Strom einer PV-Anlage betrieben werden. Zur Ergänzung der Versorgung sind solarthermische Anlagen auf den Gebäudedächern vorgesehen sowie Wärmespeicher in den Gebäuden. Durch den Anschluss der Speicher sowohl an die solarthermischen Anlagen als auch an das Nahwärmenetz können diese als Puffer fungieren und überschüssige solarthermische Energie, die nicht in dem jeweiligen Gebäude genutzt wird, an das Nahwärmenetz abgeben. Vorgesehen ist ein Speicher pro Gebäude, der ausreichend dimensioniert sein muss, um die erzeugte Solarthermie vorrangig zu speichern und bei Bedarf in das Wärmenetz abzugeben. Um auch die benötigten Spitzenlasten bereitzustellen ist im Rahmen der Machbarkeitsstudie zu evaluieren ob gegebenenfalls zusätzlich ein BHKW benötigt wird. Weiterhin ist zu prüfen, ob dieses mit regional aufbereitetem Biogas betrieben werden kann. Auch der optimale Standort der solarthermischen Anlagen sowie ihre Dimensionierung ist in der Studie zu erarbeiten. Hierbei kommen sowohl alle angeschlossenen Gebäude infrage als auch umgebende Freiflächen. Möglicherweise ist es jedoch sinnvoller nur auf dem Dach der Heizzentrale eine Anlage zu installieren. Neben der Auswahl einer geeigneten Kombination ist, zur Erarbeitung des optimalen Energiekonzeptes, jedoch zunächst eine möglichst exakte Bestimmung des Energiebedarfs erforderlich. Auf Basis dieser Daten können dann die Energieerzeuger dimensioniert und auf den verfügbaren Platz an den einzelnen Standorten abgestimmt werden.

Welche Herausforderungen/Hemmnisse (Erfolgsfaktoren?) sehen Sie für die Umsetzung?
Wir sehen zwei Hemmnisse in Bezug auf die Umsetzung; Zum einen hat sich im Zuge der Ausarbeitung gezeigt, dass eine nicht unerhebliche Investition getätigt werden muss. Hier sind wir noch auf der Suche nach Lösungen bzw. Förderungen, um dieses Hemmnis ausräumen zu können. Nach derzeitiger Recherche stehen die Chancen aber gut entsprechende Förderungen zu erhalten. Zum anderen stellt die private Wohnbebauung ein Hemmnis dar. Die Bürger/Bewohner müssen entsprechend „abgeholt“ werden und müssen verstehen was dort passiert. Dies kann derzeit noch ein Hemmnis darstellen. Dies kann aber über Workshops und Infoveranstaltungen eingedämmt werden.

Welche Variante wird jetzt umgesetzt? (Wie geht’s weiter? Ausblick. Worin sehen Sie die Vorteile gegenüber anderen Arten der Erschließung?)
Letztendlich gibt es zwei Varianten: Die eine Variante beschäftigt sich innerhalb des betrachteten Quartiers nur mit den öffentlichen Gebäuden und die zweite Variante betrachtet die öffentlichen Gebäude und die private Wohnbebauung. Im ersten Schritt soll die Wärmeversorgung der öffentlichen Gebäude angegangen werden, da hier die wenigsten Beteiligten zu erwarten sind, ebenso kann man hier schon die Nahwärmgrundleitung legen, von der aus dann letztendlich in die Wohnbebauung gegangen wird. Bei dieser gewählten Variante hat man den Vorteil, dass die Energiezentrale schon geschaffen ist und im Nachgang dann die Wohnbebauung angegangen werden kann. Die Vorteile bei der gewählten Variante liegen neben der Wärmeversorgung auch letztendlich darin, dass wir, die Stadt Ibbenbüren, unsere Infrastrukturabfälle nun als biogenen Brennstoff nutzen können, anstatt diesen kostenpflichtig zu entsorgen. Hierdurch wird eine CO2 arme Energieversorgung möglich, was letztendlich den Zeitgeist von jungen Familien trifft. Neben einer Kostenreduzierung durch die wegfallende Entsorgung der biogenen Abfälle, sowie die kostengünstigere Energieversorgung für die öffentlichen- und privaten Gebäude und die CO2 Reduzierung kann dem demografischen Wandel ein stückweit vorgebeugt werden. Diese Faktoren sehen wir als Vorteile für dieses Projekt.

Welchen Beitrag hatte der WiEfm-Wärmegutschein für das Projekt und was könnte WiEfm in Zukunft für das Projekt bedeuten?
Der WiEfm-Wärmegutschein gab einen sehr guten Anreiz, das Thema der Wärmeversorgung, das seit längerer Zeit von Seiten der Stadt bearbeitet wird, an einem konkreten Standort auf Machbarkeit zu überprüfen. Für die Zukunft könnte WiEfm der Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Wärmenetzes in Ibbenbüren sein. Zudem wurde profitiert man von den Kontakten zu anderen Kommunen sowie zu Planern und Ingenieuren.

Welchen Einfluss hat das Projekt auf die Region und ist ein solches Projekt auf andere Standorte übertragbar und anwendbar?
Das Projekt hat ein Bewusstsein in der Region geschaffen, dass Wärmenetze eine sehr gute Alternative zur bestehenden Wärmeversorgung seien können. Da es sich insbesondere um die Versorgung kommunaler Gebäude mit Wärme handelt, könnte dieser Ansatz ein Beispiel für andere Kommunen sein.

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